Dienstag, 6. Februar 2018

Der Kryptomarkt ist gecrasht, was nun?



Quelle: 
https://www.btc-echo.de/der-markt-crasht-was-nun/

Eine Kolumne von Dr. Philipp Giese
Die letzten Monate waren gerade für jüngere Bitcoin-Anleger sehr frustrierend. Ein Kursverlust von über 60 %, im Fall von Bitcoin sogar über 70 % und im Fall von Ripple über 80 % lässt viele Fragen, ob das das Ende der Kryptowährungen ist.
Die angeführten Gründe sind ebenso zahlreich wie weithin bekannt:
  • In den Medien wurde so ziemlich jeder Wirtschaftsexperte, der gegen Bitcoin eingestellt ist, um eine Stellungnahme gebeten. Derartige Negativaussagen kulminierten jüngst in einer “Kampfansage” seitens der Bank für internationalen Zahlungsausgleich.
  • Die immer mehr umsichgreifende Regulation an den chinesischen und anderen Märkten führt verständlicherweise ebenso zu einer Verunsicherung wie der jüngste Werbe-Ban auf Facebook oder die Sperre bezüglich der Kreditkarten.
  • Viele Leute haben im letzten Jahr sorglos investiert, teilweise mit Geld, welches sie nicht hatten – nun möchte der Fiskus seinen Anteil an Gewinnen haben.
  • Die Sorgen um Tether kulminierten in den Gerüchten einer Marktmanipulation des Bitcoin-Preises, sodass viele in der aktuellen Preisentwicklung eine Marktmanipulation von Bitfinex sehen (ungeachtet dessen, dass Bitcoin auf deutlich mehr Exchanges kaufbar ist als nur auf Bitfinex).
  • Oft wurden die Futures am CBoE und am CME als mögliche Gründe für einen sinkenden Bitcoin-Preis angeführt. Auch wenn hier zu betonen ist, dass das mit den Futures zusammenhängende Handelsvolumen zu gering für eine nachhaltige Kurskorrektur ist, sollte der psychologische Effekt beachtet werden.
  • Auch kleinere technische Gründe wie dramatisch hohe Transaktionsgebühren Bitcoins und die Grabenkämpfe zwischen Bitcoin Cash und Bitcoin spielen hier eine Rolle.
  • Schließlich, und ich denke, das ist der Hauptgrund, haben im letzten Quartal viele die Kryptowährungen für sich entdeckt. Deren Profite sind, wenn sie zum Beispiel in TRON investiert hatten, seit dem Allzeithoch um über 90 % gefallen. In dem Zusammenhang ist auch eine übertriebene Erwartung bezüglich der Preisentwicklung zu nennen – sei es bezüglich Bitcoin, sei es bezüglich anderer Währungen. Deshalb gibt es nicht wenige frustrierte Neuanleger, die ihr Geld jetzt aus dem Markt nehmen – auch auf Kosten von Verlusten.
An der Stelle kann erwähnt werden, dass es auch den klassischen Aktienmärkten nicht gut geht: Seit Ende Januar sind alle großen Märkte wie der S&P500, der NASDAQ, der Dow Jones, der SSE Composite Index und auch der DAX am Fallen. Das ist interessant, da sich der Kryptomarkt bisher immer antizyklisch zu klassischen Märkten verhalten hat. Sowohl der Markt der Kryptowährungen als auch der Rohstoffe wurde immer als Sicherheiten gegenüber dem Aktienmarkt gesehen. Sicherlich könnte man hier der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass gegebenenfalls ein derartiges antizyklisches Verhalten nun einsetzen könnte, doch ist es für solche Prognosen noch zu früh.

Große Stürze sind nicht das Ende von Kryptowährungen

All diese Gründe wurden seitens BTC-ECHO mit eigenen Artikeln bedacht und gerade gestern einen Blick auf die jüngste Erschütterung geworfen. Wir haben uns immer bemüht, sowohl überbordendem FOMO als auch übertriebenem FUD sanft entgegenzuwirken. Und heute muss gegen Letzteres etwas angeschrieben werden.
Die oben genannten Gründe haben eine gemeinsame Eigenschaft: Keiner davon stellt den fundamentalen Wert Bitcoins in Frage. Sicherlich waren die Transaktionsgebühren im Fall von Bitcoin in die Höhe geschossen, sicherlich gab es Scam-ICOs, aber nichts davon hat den Sinn eines dezentralen, verteilten Peer-to-Peer-Netzwerkes insgesamt in Frage gestellt. Stattdessen wird über den Wert von Distributed Ledgers in verschiedenen Sektoren weiter nachgedacht. Auch das Interesse an Bitcoin wächst mit dem Lightning Network und den aktuell sehr geringen Gebühren. Auch andere Kryptowährungen entwickeln sich weiter, so soll Mitte des Jahres DASH Evolution erscheinen, um nur einen wichtigen Meilenstein zu nennen.
Ebenso werden verschiedene Nachrichten negativer gesehen, als sie tatsächlich sind: Ein Verbot hinsichtlich des Erwerbs von Kryptowährungen über eine Kreditkarte ist, wenn man bedenkt, dass auch klassische Aktien nicht mithilfe einer Kreditkarte gekauft werden können, nicht überraschend, sondern die übliche Politik, was den Erwerb von Anlagen betrifft. Ebenso ist das Verbot von Werbung im Krypto-Bereich auf Facebook und Instagram, wenn man sich an einen Großteil der Werbungen erinnert, nicht das schlechteste. Wenn wir uns wünschen, dass Kryptowährungen ernst genommen werden, dann sollten wir Maßnahmen, die eine solche Seriosität unterstützen, nicht als Angriff sehen.

Winter is coming? Dann lasst ihn kommen

Ich bin ganz offen: Aktuell sehe ich keine kurzfristige Besserung. Es mag tatsächlich sein, dass den Anlegern im Kryptobereich ein längerer Winter bevorsteht. Ein Blick auf den vor einiger Zeit schon einmal diskutierten Wochenchart zeigt, dass Bitcoin nun nachhaltig unter den EMA20, einen wichtigen Support, gefallen ist:

Neben dem Candlestick-Chart ist der MACD und der RSI eingezeichnet. Um das MACD-Verhalten über mehrere Jahre analysieren zu können, ist dieser ebenso wie der Candlestick-Chart logarithmisch geplottet. Wir sehen, dass ein Sinken unter den EMA20 seit längerer Zeit nicht mehr vorkam. Eingekreist sind die Male, an denen das passiert ist. Ein Blick auf den MACD zeigt, dass der Sturz im Mai 2014 sich von dem Anfang 2014 insofern unterscheidet, als dass der MACD deutlich steiler gefallen ist. Ein weiterer Unterschied ist, dass der RSI deutlich tiefer war. Wenn man das aktuelle Sinken unter den EMA20 mit den vorherigen Malen vergleicht, ähnelt die aktuelle Situation eher den rot als den violett eingekreisten – es kann also sein, dass der Kurs noch tiefer fällt.
Nun, ist ein Winter das Ende? Wenn, wie weiter oben dargestellt, die Technologie und das disruptive Potential hinter Kryptowährungen nicht angegriffen ist, sicherlich nicht! Entsprechend sollte man die aktuellen Zeiten und den womöglich kommenden Winter eher temporär sehen. Vor einiger Zeit habe ich über das Mindset, was man im Fall von Kryptowährungen haben sollte, geschrieben und diese Worte stimmen heute noch: Wir sollten nicht nervös werden und mit großem Verlust verkaufen, sondern Ruhe bewahren. Mir persönlich hilft der Austausch in unserem Slack mit anderen Anlegern und mit Tradern, die den Markt fast rund um die Uhr unter die Lupe nehmen. Ebenso kann ich die Einschätzungen, die wir in unserem Kryptokompass teilen, gerade Neulingen auf dem Markt empfehlen.
Denken wir doch eher in die Richtung: Wie häufig habe ich von Leuten gehört, dass sie in Bitcoin investieren würden, wäre dieser nur nicht so teuer! Der Bitcoin-Kurs ist dramatisch gefallen, entsprechend könnte man über ein Kaufen nachdenken. Und hinsichtlich der Sorge, den Dip zu erreichen: Dass ein Trader das zum Ziel hat, ist vollkommen nachvollziehbar. Der Langzeit-Investor sollte jedoch auch langfristig denken, weshalb hier eher ein Cost-Average-Ansatz, in dem jeden Monat ein fester Betrag in Bitcoin investiert wird, sinnvoll ist. Wie ich an anderer Stelle gezeigt habe, hätte selbst jener, der Anfang 2014 zum damaligen Allzeithoch mit einem derartigen Investment begonnen hätte, schon im Januar 2016, als der Bitcoin-Kurs noch deutlich unter dem Kurs von 2013 stand, ein Plus von fast 25 % verbuchen können.
Das Gebot der Stunde ist also “Ruhe bewahren” (oder HODL, wem das lieber ist) und sich wieder bewusst machen, was uns an der Technologie und am disruptiven Potential begeisterte.
BTC-ECHO